Wer sich mit dem Thema Aromenmanagement beschäftigt, begegnet immer wieder Begriffen, die man aus dem Alltag in Bar und Küche eher nicht kennt. Dass das Ganze irgendwas mit einem Rotationsverdampfer zu tun hat, hat sich inzwischen herumgesprochen, aber wie sieht es mit Schaumbremsen, Siedepunkten und Hydrolaten aus? Dieser Artikel soll einen ersten Überblick über die wichtigsten Vokabeln geben – damit Sie Durchblick gewinnen und mitreden können.
Ohne ihn geht’s nicht: Der Rotationsverdampfer, oft auch einfach Roti genannt, ist das Gerät, das es geschafft hat, aus seinem eigentlichen Einsatzgebiet dem Labor auszubrechen und die Welt der Küchen, Bars und Mikrodestillerien zu erobern. Warum? Das haben wir in diesem Blogbeitrag für Sie beschrieben. Kurz: Das Gerät ermöglicht es, unter anderem, durch die sogenannte kalte Destillation schonend Aromen zu gewinnen, die in anderen Verfahren durch zu hohe Temperaturen verloren gehen würden.
Dazu werden Kräuter, Obst, Gemüse oder andere Zutaten, deren Aromen extrahiert werden sollen, zusammen mit einer Spirituose oder Wasser in den sogenannten Verdampferkolben oder Rotationskolben gegeben. Hierbei handelt es sich um eine birnenförmige oder runde Glasblase mit einer fein geschliffenen Öffnung. Diese Kolben sind in verschiedensten Größen erhältlich, die von 10 ml Fassungsvermögen bis zu 100 L für Industrieverdampfer reichen. Im Bereich des Aromenmanagements wird aber meist mit Kolben zwischen 1 und 2 L gearbeitet.
Der gefüllte Kolben wird mit der geschliffenen Öffnung über das passende Gegenstück am Rotationsverdampfer geschoben und dort fixiert: die sogenannte Dampfdurchführung, auch Dampfleitrohr genannt. Über dieses kleine Glasrohr kann später der erzeugte Dampf aufsteigen. Arbeitet man mit Zutaten, die während des Prozesses zum Schäumen neigen (Milch oder Tees sind solche Kandidaten), dann ist es ratsam, eine sogenannte Schaumbremse zwischen die Dampfdurchführung und den Verdampferkolben zu setzen. Dieses Glasteil besteht aus einer kleinen Glaskugel mit zwei Schliffen, in die ein Hahn eingeschmolzen wurde, und erfüllt den Zweck, dass entstehender Schaum über den gebogenen Hahn in die Kugel gerät, sich dort ausdehnt und dadurch in sich zusammenfällt, anstatt durch die Dampfdurchführung zu schießen und den Destillierbereich zu verunreinigen.
Bevor sich im Gerät überhaupt etwas tut, muss der Kolben mit den Zutaten aber erst leicht erwärmt werden. Gängig sind 40 bis 50 °C. Dazu senkt man ihn über den Lift des Rotationsverdampfers ab in das mit Wasser gefüllte Heizbad. Damit die Wärme gleichmäßig verteilt wird und der Prozess später effizient läuft, wird der Kolben durch einen Motor in Rotation versetzt. Diese kann am Gerät in der Einheit „rpm“ = rounds per minute, also Umdrehungen pro Minute, eingestellt werden. Die zu wählende Geschwindigkeit hängt von der Größe und Füllmenge des Kolbens ab.
Ein weiterer Parameter, der eingestellt werden muss, ist das Vakuum. Der durch eine Vakuumpumpe erzeugte Unterdruck im Rotationsverdampfer ermöglicht erst das aromaschonende Arbeiten bei niedrigen Temperaturen. Die Pumpe saugt die Luft aus dem Glasaufbau des Geräts und erleichtert damit das Verdampfen des Alkohols, Wassers und der sogenannten leichtflüchtigen Aromen. Dies funktioniert aufgrund eines physikalischen Prinzips: Je geringer der Druck wird, desto niedriger wird die Temperatur, bei der eine Flüssigkeit anfängt zu kochen. Diese Temperatur ist der sogenannte Siedepunkt. Für Wasser liegt dieser normalerweise bei 100 °C – unter Vakuum lässt er sich aber absenken, z. B. auf 50 °C. Wie genau das alles funktioniert haben wir ausführlich in diesem Blogbeitrag beschrieben.
Der entstehende Dampf steigt nun aus dem Verdampferkolben über die Dampfdurchführung auf in den Glaskühler. Hierbei handelt es sich um einen hohlen Glaszylinder, der in seinem Inneren mehrere, miteinander verwundene Glasröhren besitzt. Durch diese fließt die Kühlflüssigkeit – entweder Leitungswasser oder besser das Kühlmittel eines Umlaufkühlers. Dieser pumpt die Flüssigkeit stetig im Kreis und kühlt sie wieder herab, sodass kein Wasser verschwendet wird. Durch die Kälte, gängig sind hierbei 5 °C, wird der Dampf an den Glasröhren zur Flüssigkeit kondensiert. Der Dampf zieht sich zusammen. Es bilden sich Tropfen, die durch die Schwerkraft nach unten in eine weitere Glasblase fallen: den Auffangkolben. Auch er besitzt eine geschliffene Öffnung, allerdings im sogenannten Kugelschliff, der flexibel wie ein Gelenk ist. Der Auffangkolben wird mit einer Metallklammer am Glaskühler befestigt und in ihm wird das Ergebnis des Prozesses gesammelt: Wurde eine Spirituose verwendet, spricht man von einem Re-Destillat. Wurde mit Wasser gearbeitet, nennt man das mit den Aromen angereicherte Produkt ein Hydrolat. In manchen Fällen ist man aber auch an dem interessiert, was im Verdampferkolben zurückbleibt, z. B. wenn man Soßen oder Säfte eindickt, indem man schonend das Wasser herausdestilliert. Dieses Ergebnis nennt man Konzentrat oder auch eine Reduktion – analog zu den bekannten Reduktionen aus der Küche, bei denen der Wasseranteil durch Kochen reduziert wurde.
Haben Sie noch offene Fragen? Fehlt Ihnen die Erklärung eines Begriffs? Worüber sollen wir das nächste Mal schreiben? Lassen Sie es uns wissen, indem Sie einen Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung!
Ihr Heidolph Team
Bilder: ©Weisshorn Spirits Sarl, Matt the List